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Entrepreneurial Research

  • Crowdcube – glokal investieren

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Die sogenannte Crowd, die Masse aus Menschen und Marktteilnehmern, ist international. Dabei geht schnell vergessen, dass Crowdinvesting meistens eine nationale Angelegenheit ist. Innerhalb der Europäischen Union gibt es unterschiedliche Gesetze und Vorschriften darüber, wie viel Geld Startups auf Crowdinvesting-Plattformen einsammeln dürfen und wie die Investitionsrunden aufgebaut sein müssen. So kommt es, das britische Startups ihr Crowdfunding auf britischen Plattformen nach britischen Gesetzen durchführen, spanische Startups auf spanischen Plattformen nach spanischen Gesetzen und so weiter. Auch in Deutschland sind die Dinge (wie so oft) kompliziert. Bei einem Crowdfunding in Deutschland dürfen Startups derzeit nur Investitionsrunden bis maximal € 100,000 schließen, um nicht mit dem Verkaufsprospektgesetz (VerkProsG) in Berührung zu kommen – und mit teuren Teams von Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten.

Think global, act glocal

Die Gründer von Crowdcube fanden einen verblüffend einfachen Ansatz, um eine Schneise durch den Dschungel der unterschiedlichen länderspezifischen Vorschriften zu schlagen: Crowdcube ist ein Netzwerk von lokal eingetragenen Investmentgesellschaften, die jeweils zur Hälfte einem lokalen Unternehmer und zur anderen Hälfte der zentralen Crowdcube Limited in Großbritannien gehören. Die globale Limited liefert die technische Plattform mit Zugang zu einer gemeinsamen Datenbank, die von den lokalen Crowdcube-Unternehmen für ihre jeweiligen Websites genutzt wird. Die Limited bietet auch zentralisiertes Marketing an sowie Zugang zu internationalen Netzwerken und Kontakten – den Vitalstoffen der Unternehmerszene.

Der zweite wichtige Aspekt eines solchen Crowdfundings ist die Demokratisierung des Investitionsprozesses. Pepe Borrell, CEO von crowdcube.es in Barcelona, erklärt uns, dass es in Spanien verhältnismäßig wenige Business Angels gäbe, die sich zudem noch oft untereinander kennen und absprechen würden wie in einem Monopol. Borrell hält sie für zu mächtig. Diese Macht würden sie nutzen, um die Bewertungen von Startups künstlich niedrig zu halten.

Crowdinvesting entwickelt sich zur Alternative zu einzelnen Venture-Capital-Investoren oder Bankdarlehen (Letztere sind für Hochrisiko-Unternehmen eh meistens unmöglich zu bekommen). Natürlich muss ein Startup beim Crowdinvesting auf einmal recht viele Investoren überzeugen. Aber ihre Produkte oder Dienstleistungen müssen sowieso eines Tages auf dem Markt reüssieren. Insofern ist das Crowdfunding auch eine Art Test für die Geschäftsidee.

Zahlen und Fakten

Crowdcube beschleunigt Gründungen und ist selbst gut unterwegs. Es gibt Niederlassungen in Italien, Polen, Spanien, Schweden, Brasilien und Neuseeland – und weitere werden folgen. Seit dem Start 2011 haben fast 100,000 Investoren erfolgreich € 53 Mio.(£ 42 Mio.) zusammengetragen und damit 154 Startups auf die Beine geholfen. Die Unternehmen sind meist aus den Branchen Tech, Internet, IT, Konsumgüter sowie Nahrungsmittel & Getränke. Die Crowdcube-Investitionsrunden schließen in einer Größenordnung von £ 12,000 bis fast £ 2 Mio. Mehr Details stehen auf der Infografik von Crowdcube.

Anlageprozess und Exit

Nicht jeder darf pitchen. Die Crowdcuber analysieren Geschäftsideen, Teams, den Markt, Finanzdaten und Exit-Optionen. In einer Due Dilligence prüft Crowdcube Kernaussagen der Startups, um sicherzustellen, dass die Informationen im Pitch keine irreführenden Angaben enthalten. Die ausgewählten Startups präsentieren der Öffentlichkeit in Kurzform, was sie tun oder zu tun gedenken. Registrierte Crowdcube-Nutzer sehen detailliertere Angaben. Die Gründer können Investitionsziel und Zeitrahmen festlegen und Crowd-Investoren sich dazu verpflichten, Aktien zu kaufen, wenn das Ziel erreicht wird. Nach dem Alles-oder-nichts-Prinzip schließt die Runde nur im letzteren Fall und die Anleger können noch sieben Nächte lang Ihre Entscheidung überschlafen. Danach ziehen die Zahlungsdienstleister (entweder stripe.com oder gocardless.com) die zugesagte Summe ein im Austausch für Aktien. Aber kaum jemand ändere seine Investitionsentscheidung, sagt Borrell aus Barcelona.

Registrierte User, also potenzielle Investoren oder einfach nur Leute, die mehr wissen wollen, können mit den Gründern im lebhaften Online-Forum auf Crowdcube diskutieren, Fragen stellen und das Geschäftsmodell hinterfragen. Zum Beispiel diskutieren sie, ob zuerst eine nationale oder eine internationale Expansion langfristig mehr Erfolg verspricht. Oder ob der Markenname eine gute Idee war. Außerdem werden Finanzprognosen und weitere Bestandteile des Geschäftsplans diskutiert. Je schmerzhafter die Fragen, desto hilfreicher sind die Antworten für die Gründer.

Crowdinvesting ist immer riskant. Anleger können ihr investiertes Geld verlieren. Auf der anderen Seite können sie ihren Einsatz vervielfachen, wenn das Startup abhebt und die Aktien nach 3 oder 5 Jahren verkauft werden.

Unbegrenzte Gründungen

Gemäß Crowdcube gibt es ein starkes Interesse von britischen Investoren an spanischen Startups (von denen die meisten in Barcelona oder Madrid sind). Und umgekehrt sind spanische Investoren interessiert an Startups aus Großbritannien. Die britische Startup-Kultur ist viel lebendiger, weiter entwickelt und größer als die spanische. Deshalb lässt Crowdcube ausgewählte spanische Startups auf der britischen Plattform pitchen – ein Experiment, um Crowdfunding zu internationalisieren. Im Gegenzug werden vielversprechende UK-Gründungen bald auf der spanischen Plattform pitchen dürfen. Großbritannien und Spanien haben unterschiedliche Gesetzeslandschaften, aber Crowdcube spricht mehrere Regulierungssprachen.

Added Value

Crowdcube bietet auch Finanzprognose-Dienste als Teil seiner 360°-Philosophie an. Crowdcube hilft auch dabei, das Geschäftsmodell zu verfeinern, und zeigt Gründern, wie sie sich am besten vor potenziellen Investoren präsentieren. Auch bei Fragen zum Businessplan können sich Gründer an Crowdcube wenden und sich ansonsten auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. So verlieren Gründer keine Zeit mit Finanzfragen, die sie – manchmal – nicht wirklich verstehen.

[Oktober 2014; Bildnachweis © Crowdcube.com]